Gestern Abend haben wir eine sehr nette Runde Cthulhu gespielt. Für
die Ahnungslosen: Cthulhu ist ein Rollenspiel, das an die Romane von
Lovecraft angelehnt ist. Es geht um Grusel, Horror und oft um
überweltliche Wesenheiten.
Wir haben Der Club der Witwen gespielt,
wer also vorhat, das Szenario selbst noch zu spielen, der könnte hier
gespoilert werden und sollte lieber aufhören zu lesen.
Idealerweise
spielt man das Szenario mit 4 Frauen, da es eben um 4 Witwen geht. Das
Abenteuer wurde auch von einer Frau geschrieben und es geht um die
bekannte Stutenbissigkeit, um Intrigen und Neid, also genau das Richtige
für die Damenwelt ;-) Wir hatten auch 4 Frauen parat, leider hat eine
davon den Termin verpeilt und wir mussten schnell noch Wrens Freund als
Notfallbesatzungsmitglied an Bord holen. Er hat die Rolle auch super
gespielt.
Im Italien der 20er Jahre hat der charmante
Matteo, Notar der verstorbenen Ehemänner der Witwen, die Damen nach und
nach miteinander bekannt gemacht und führt nun alle vier regelmäßig zum
Essen aus. Die Damen sind alle sehr angetan von dem netten Mann und da
er auch noch reich und somit eine gute Partie ist, wetteifern sie darum,
wer ihn für sich gewinnen kann. Dabei hat jede von ihnen ein kleines
Geheimnis: 2 der Damen haben längst mindestens eine heiße Liebesnacht
mit Matteo verbracht und eine von ihnen ist dabei schwanger geworden.
Die anderen beiden sind eigentlich ein lesbisches Pärchen, dessen
Geheimnis von Matteo bewahrt wird - er hat sogar geholfen, den Ehemann
einer dieser Ladies unter die Erde zu bringen! Natürlich wissen die
Frauen untereinander nichts davon.
Die Rollen
Gräfin Raffaela: Gespielt von mir. Sie hat bereits mit Matteo geschlafen. Ich stelle sie ein wenig altbacken und hochnäsig dar.
Guida: Gespielt von Wren. Sie ist lesbisch und hat ihren Ehemann ermordet. Eine moderne, selbstbewusste Frau.
Georgia: Guidas heimliche Liebesbeziehung.
Alda: Gespielt von Wrens Freund. Natürlich hat er die Schwangere bekommen. Hat er aber gut dargestellt.
Das Spiel
Das
Ambiente ist herrlich: Unser Spielleiter hat eine schwarze Tischdecke
auf dem Tisch ausgebreitet, eine spiegelnde Schale mit süßem Gebäck
aufgestellt und orientalischen Tee mit Kandisstäbchen zum Süßen
hingestellt. Die Spielerinnen haben sich aufgehübscht und im
20er-Jahrestil gekleidet. Unser Abenteuer beginnt mit einem Treffen mit
Matteo in einem neuen, angesagten Teehaus, wo sogleich fleißig geflirtet
und gezickt wird. Da kommt schonmal der süffisante Kommentar der
altmodischen Gräfin Raffaela an die neumodisch mit Hemd und Hose
gekleidete Guida: "Naja, dieser moderne Kram war ja schon immer dein
Metier." Dann wird der Fächer aufgeschlagen, um den verachtenden Blick
zu verbergen. Dann dreht sich das Gespräch aber bald wieder um andere
Dinge: Den neusten Liebesroman, Sternenkonstellationen, Aldas
schwächliche Konstitution und Matteos neuste Anschaffung, ein Pferd.
Zwei
Tage später, es ist übrigens November und schneit bereits ziemlich,
warten die vier Damen in ihrem üblichen Restaurant auf Matteo, doch nach
einer Stunde des Wartens und Bangens taucht er noch immer nicht auf.
Die anderen Gäste tuscheln längst, vier Damen einfach so allein zu
lassen gehöre sich nicht, aber vielleicht sei Matteo des Haufens auch
überdrüssig geworden und man solle die Damen doch wegschicken, um ihnen
weitere Peinlichkeiten zu ersparen. Die Gräfin muss fast weinen vor
Scham, doch die anderen beruhigen sie noch. Dann stürmt plötzlich
Matteos Chauffeur herein und verkündet den Witwen, Matteo sei bei einem
Reitunfall ums Leben gekommen. Der Schock ist groß, Georgia erleidet
einen plötzlichen Gehörverlust und die Gräfin fällt in Ohnmacht.
Gleich
am nächsten Tag fahren die Witwen zum Gut Matteos, um ihm die letzte
Ehre zu erweisen und bei der Beerdigung am Folgetag dabei zu sein. Außer
ihnen gibt es keine weiteren Gäste, nur der Chauffeur und die
Haushälterin Rosa sind noch da. Zumindest glauben wir das. Unsere
Charaktere stehen also am Sarg und betrauern den Verlust dieses
wundervollen Mannes, schauen sich die Gemälde an der Wand an, auf denen
Matteo auffällig oft vor einem Spiegel steht, wir sind gerade bei einer
Diskussion, als sich der SL erhebt und das Zimmer verlässt. Vermutlich
zur Toilette, denken wir, doch dann reißt er plötzlich die Tür wieder
auf und erzählt mit lauter Stimme (wir haben uns alle tierisch
erschreckt!): Plötzlich wird die Tür aufgerissen und Matteo kommt
eleganten Schrittes in den Raum. Erfreut begrüßt er euch: "Ah, meine
Damen, Bella, schön, dass Sie alle hergekommen sind!" Verwirrung macht
sich breit, für einige Sekunden ist niemand von uns in der Lage zu
sprechen. Ist das eine Rückblende? Eine Illusion? Matteo ist doch tot!
Zögernd fragt Georgias Spielerin: "Der liegt jetzt im Sarg UND steht vor
uns?" "Genau!", ist die Antwort des SL. Wir schauen uns an, dann stellt
eine der Witwen die Frage: "Äh, verzeihung, aber wer sind Sie?" "Na,
Leonardo! Hat mein Bruder Ihnen denn nichts von mir erzählt?" Aha! Ein
Zwillengsbruder also. Verwirrung und Trauer vermischen sich etwas und
Leonardo läd die Damen zum Abendessen ein. Er ist Arzt aus Mailand und
quasi das Spiegelbild seines verstorbenen Bruders, ebenso charmant und
irgendwie scheint er alles über die Frauen zu wissen, was Matteo auch
wusste (sind sie vielleicht ein und dieselbe Person? Ist Leonardo ein
magisch lebendig gewordenes Spiegelbild, das sein Original ersetzt
hat?). Abgesehen davon macht er merkwürdigste Andeutungen. "Ich weiß,
wie Sie es gern mögen, Gräfin." Ein kurzer, entsetzter Blick meines
Charakters. "Haha, na das Essen natürlich!" Und dann der Höhepunkt:
"Alda, meine Teuerste, Sie müssen mehr essen. Sie werden es ja demnächst
brauchen." Alle Blicke richten sich auf Alda, die plötzlich nervös
beginnt, herumzudrucksen. Glücklicherweise, oder seine Freude an der
Situation habend, entschuldigt sich Leonardo kurz auf die Toilette.
"Alda?!"
Sofort wird sie belagert, was das denn heißen solle. Und schließlich
rückt sie auch mit der Sprache heraus: Sie ist schwanger von Matteo.
Oder von Leonardo? Jetzt, wo sie ihn gesehen hat, ist sie sich nicht
mehr so sicher. Wir beginnen uns anzugiften darüber, was nun aus Alda
werden soll und ob Leonardo und Matteo nur ein Spiel mit uns getrieben
haben. Guida versucht zwar, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben, doch
die Unsicherheiten der anderen sind übermächtig. Die Gräfin kocht
innerlich vor Wut! Sie hatte sich als Matteos Favoritin gewähnt,
vielleicht hätte er sie ja sogar geheiratet! Wie kann diese ******** es
wagen...! Sie weiß nicht, auf wen sie wütender sein soll. Eigentlich
sollte sie jetzt andeuten, was zwischen ihr und Matteo gewesen ist, doch
vielleicht hat er auch die anderen beiden so hintergangen. Vielleicht
werden sich die drei anderen bis aufs Blut bekriegen und sie selbst wird
am Ende als Siegerin hervorgehen und Leonardos Herz gewinnen, mit dem
sie während des Essens schon ein wenig mit den Augen geflirtet hat.
Letztendlich geht jede von uns schlafen und erwacht tief in der Nacht
von Alpträumen geplagt durch einen lauten Schrei. Guida träumt, wie sie
ihren Mann ermordet und dann von den Zwillingen erpresst wird, Raffaela
träumt davon, wie sie und Matteo von Leonardo erhängt werden und Alda
sieht im Traum, wie die beiden ihr das Kind aus dem Leib schneiden.
Erschrocken und aufgewühlt wollen die Frauen nachsehen, wer da geschrien
hat, bemerken dabei auch, dass sie eingeschneit sind. Der Schrei
stammte von der Haushälterin, Rosa, die an die Decke starrt, wo in Blut
geschrieben steht: Wer aus dem Alptraum erwachen will, muss ihn selbst
erleben. Gruseligerweise sind auch die Augen des Toten, der dort
aufgebahrt liegt, aufgerissen und sein Gesicht ist zu einer Fratze
verzerrt. Georgia, die Medzin studiert hat, stellt schließlich fest,
dass Rosa ebenfalls tot ist. Raffaelas ist es, dass wir gestorben sind,
unsere Alpträume wirklich geschehen sind und unsere ruhelosen Seelen nur
noch nicht realisiert haben, dass wir ins Himmelreich auffahren
sollten.
Völlig entsetzt und noch unter Schock stehend
beschließen wir, Hilfe zu suchen, doch Matteos Schlafzimmer, in dem wir
Leonardo nun vermuten, ist leer. Stattdessen finden wir ein sich
bewegendes Foto, einen Revolver und merkwürdige Notizen, die darauf
hindeuten, dass die Zwillinge einer Legende nachjagen, in der einer das
Angebot der Unsterblichkeit ausschlägt, um noch zwei Tage mit seinem
toten Zwillingsbruder verbringen zu dürfen. Seltsam. Wir gehen in ein
Nebenzimmer, das plötzlich aufgegangen ist (dumme Idee in Cthulhu!).
Dann fängt auf einmal ein Klavier an, von selbst zu spielen. Von selbst?
Wer seinen Verborgenes erkennen Wurf schafft, kann das Grauen leider
sehen: Eine verzerrte Gestalt, deren Gliedmaßen sich ineinander winden
und sich gelenklos drehen, hämmert auf die Tasten ein und sie scheint
uns hämisch anzulächeln, dann verschwindet sie und das Klavier
verstummt. Wir fühlen uns immer schwächer, fliehen kopflos in den Gang
und versuchen, uns etwas zu fangen. Nachdem wir uns dann aber doch noch
einmal genauer umsehen, finden wir Hinweise darauf, dass die Brüder
etwas ganz Furchtbares planen. Sie wollen ein Ritual vollführen, für das
sie uns vier brauchen - als Opfer an Geminorium. In einem Buch stoßen
wir auf eine andere Version der Zwillingslegende, nach der der eine
Bruder den anderen tötete, um vom Dämon Geminorium die Unsterblichkeit
zu erhalten. Teufelswerk! Wir müssen Weihwasser suchen! Und solch
heidnische Rituale finden doch in Schauergeschichten immer im Keller
statt, also wollen wir den Keller suchen. Auch der Hinweis, dass der
Bruder, der sich geopfert hat, den Körper des anderen schützt, fällt uns
in die Hände. Für uns bedeutet das: Wir müssen die Leiche Matteos
finden und die seltsamen Symbole, die auf seinen Körper gemalt wurden,
abwischen - oder mehr...
Wieder am Aufbewahrungsort
seiner Leiche müssen wir jedoch mit Schrecken feststellen, dass diese
fort ist. "Oh Gott, da wandelt ein Toter durchs Haus!" Panik macht sich
breit. Wir suchen den Keller, doch vergebens, als wir von oben Türen auf
und zuschlagen hören und schließlich vernehmen wir das Weinen des
Chauffeurs. Er ist unsere einzige Chance, also eilen wir zu ihm, gerade
noch rechtzeitig, um zu verhindern, dass er sich erhängt. Schluchzend
beichtet er uns, er habe von diesem grausigen Plan gewusst und könne es
nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, dass uns etwas zustoße. Wir
setzen eilig noch einmal alle Puzzelstückchen zusammen und erfahren
dann, dass er die Leiche in einen geheimen Kellerraum gebracht hat.
"Führen Sie uns hin, aber dalli! Ich habe die Pistole, ich kann damit
umgehen!" Guida ist willensstark und fest entschlossen, dem ein Ende zu
setzen. "Denk dran, du musst auf Matteo schießen. Leonardo wird
unverwundbar sein", warnen wir noch einmal, dann geht es los. Zügig
steigen wir hinab in den finsteren Keller, wo uns Leonardo auch schon
erwartet. Zu seinen Füßen die Leiche seines Bruders, der sich für seine
Unsterblichkeit geopfert hat, ruft er Geminorium an. Als wir eintreten,
ist er völlig entspannt und fühlt sich sicher. "Ah, meine Damen, ich
habe Sie ja gar nicht erwartet. Sie können hier gar nichts ausrichten."
Die Gräfin, wissend, was nun kommt, schlägt ihren Fächer vors Gesicht.
Ohne weitere Kommentare zielt Guida auf den Kopf Matteos und drückt ab.
Die Kugel dringt ein - und Leonardos Kopf explodiert. Sie zielt
aufs Herz und drückt noch einmal ab. Unsere letzte Kugel. "Aber... ich
wollte euch die Unsterblichkeit schenken", röchelt der Sterbende.
Leonardo sackt tot zusammen. Mit schreckgeweiteten Augen muss die Gräfin
mitansehen, wie Geminorium, unsichtbar für die Augen der anderen, die
beiden Brüder in sich aufzusaugen scheint und dann verschwindet. Der
Anblick ist zu viel für sie, der Wahn überwältigt Raffaela. Die Witwen
haben überlebt, der Preis war der Mann, den sie so gemocht, teilweise
sogar geliebt haben.
Fazit: Ein ziemlich
gelungener Abend. Der einzige Mann hat die Schwangere super gut
verkörpert, besonders die Sorge um das ungeborene Kind. Der
Zickenterror, auf den unser SL gehofft hatte und den ich mir Raffaela
hätte auslösen können, blieb leider größtenteils aus, da wir recht
schnell beschlossen, dass wir zu gute Freundinnen sind, um uns von einem
miesen Kerl hinters Licht führen zu lassen. Vor allem, da der ja
eindeutig versuchte, uns einem Dämon zu opfern und außerdem ein mieses
Spiel mit uns spielte, indem er seinen Bruder mit uns anbändeln ließ.
Betrogen schloss sich also der Club der Witwen zusammen, um den
gemeinsamen Feind zur Strecke zu bringen.
Besonders hängen
geblieben ist uns die Szene, in der unser SL uns alle erschreckt hat,
indem er einfach durch die Tür gestürzt kam. Die Runde war ziemlich
spaßig, nicht zu gruselig, aber dennoch spannend und leider viel zu
schnell vorbei. Es hätte ruhig länger gehen können.
Schön fanden
wir auch den Einstieg mit dem passenden Gebäck, welches später einem
schweren Kerzenständer mit schwarzen, heruntergebrannten Kerzen weichen
musste, die unsere einzige Lichtquelle waren, während unsere Charaktere
durch das dunkle, nächtliche Anwesen Matteos irrten.
Das Szenario wurde übrigens inspiriert vom Film The Prestige oder Prestige - Der Meister der Magie. Ein übrigens sehr lohnenswerter Film, wenn man sich nicht von der Verwirrung zu Anfang abschrecken lässt.
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