Freitag, 13. Mai 2016

Unknown Armies 3 Testphase Teil 1

Nach vielen, vielen Jahren kommt nun endlich eine neue Edition von Unknown Armies und da unser SL dieses Spiel total liebt, hat er es natürlich gekickstartert. So haben wir dann auch die PDF mit den Gammaregeln zum Testspielen erhalten und uns gleich darauf gestürzt. Versprochen wurde ein neues System, welches die Skills mit dem mentalen Verfall stärker verknüpft, neue Avatare und Adepten und einen Baukasten für jene und dazu noch eine gruppenzentrierte Charaktererschaffung, bei der Spieler durch ihre Entscheidungen einen Einfluss auf die Kampagne haben. Ob das System hält, was es verspricht? Das werden wir nun Schritt für Schritt herausfinden.

Zunächst ließ uns der SL eine Menge Informationen zukommen: Adepten, Avatare, Supernatural Identities und Ritualcasting waren dabei. Für die Testphase wäre es schön, wenn jeder von uns etwas Anderes sein könnte oder zumindest, dass wir nicht alle den gleichen Avatar nehmen, war die Bitte. Für mich sind Adepten ja nichts. Die Art, wie in UA Magie gewirkt wird, gefällt mir nicht, somit war das für mich ausgeschlossen. Avatar vielleicht? Die haben tolle, sich steigernde Fähigkeiten. Leider stehen in den Testregeln nicht so viele zur Auswahl und die, die es gibt, passten leider nicht zu dem, was ich mir für meinen Charakter vorstellte. Aber es sind schöne Neuerungen dabei, auch wenn der Hacker nichts mit Computerhacking zu tun hat...

Okay, also auch kein Avatar. Rituale? Ich habe sie echt fünfmal durchgelesen, aber bis auf eines wollte mir keines so recht gefallen, abgesehen davon, dass man genau wie Adepten Charges, also Ladungen, dafür braucht, sie zu nutzen. Die Supernatural Identities dagegen sahen echt gut aus. Es gibt zwar nur eine Handvoll davon, doch sowas wie eine betörende Stimme, einmaliger Schutz vor Magie, Telekinese und dergleichen hört sich echt gut an. Einziger Nachteil: Sie sind sehr statisch, während sich Adepten und Avatare weiterentwickeln können und neue Zauber lernen bzw. Fertigkeiten entwickeln. Ein bisschen neidisch war ich da schon, aber was solls. Eine vielfältige Supernatural Identity wollte ich haben, einen Spirit Guide. Ansonsten war mein Konzept noch sehr schwammig und unklar.

Bevor es losging zur Charaktererschaffung einigten meine beste Freundin und ich uns darauf, dass unsere Charaktere Schwestern sein könnten. Und natürlich hatte sie auch ein ähnliches Konzept wie ich: Ich wollte gerne etwas Geisterjägermäßiges bauen oder so, sie die Besitzerin eines Ladens für okkulte Gegenstände.

Als wir dann zum Spieltisch kommen, liegt da schon ein großes weißes Blatt Papier, jede Menge Stifte, Karteikarten, Infoblätter und Fotos von mehr oder minder Prominenten. Wie in der Schule, lachen wir, wo man in Gruppenarbeit ein Plakat erstellt und es dann vorstellen muss. Großes Staunen, alle rätseln, was denn nun kommt, denn wie die Erschaffung funktioniert, steht im SL-Handbuch, das keiner von uns lesen durfte. Der Grund dafür: Spieler sollen von nun an keine Einzelkämpfer mehr erstellen, die nicht miteinander klarkommen oder die erst zueinander finden müssen, sondern gleich als Gruppe, die schon etwas vom Okkulten Untergrund weiß, beginnen. Der Beginn als Unwissender ist damit völlig aus UA verschwunden.

Unsere erste Aufgabe: Ihr seid eine okkulte Gruppe. Was für ein Ziel habt ihr? Geister und solche Phänomene jagen, schlage ich vor. Böse Artefakte zerstören, von meiner Freundin. Letztendlich einigen wir uns darauf, Ghostbusters zu spielen: Wir wollen unsere Nachbarschaft vor dem Übernatürlichen bewahren. Also wird das groß als Überschrift auf das Blatt geschrieben. Darunter kommen unsere Namen, da wir noch keine für unsere Charaktere ausgedacht haben.

Für diese sollen wir uns dann auch noch ein Triggerevent ausdenken, also das, was uns erst darauf gebracht hat, dass es übernatürliche Phänomene gibt. Uns liegt eine Liste mit Beispielen vor, aus denen wir wählen können, aber eigentlich denkt sich jeder von uns etwas Eigenes aus. Einer von uns hat einen seltsamen, nahezu unmöglichen Aktiensturz erlebt, der andere hat ein Haus gebaut, welches innerhalb einer Woche zerfallen ist und niemand kann sich daran erinnern, dass es gebaut wurde, ich habe als Jugendliche mit einem Geist gesprochen und meine beste Freundin wählt ein Erlebnis mit ihrer Mutter, bei der diese nachts mit leerem Blick in einem Zirkel saß.

Der nächste Schritt bereitet uns anfangs etwas Probleme. Jeder von uns darf sich einen NSC oder einen Ort ausdenken, diesen niederschreiben und ihn mit sich verbinden. Anfangs fällt uns noch nicht so viel ein. Ich wähle das Black Web, einen Gothic Pub, ein anderer seine pflegebedürftige Mutter, der Dritte das Haus, das er gebaut hat.



Nun sollen wir unsere Obsession festlegen und uns unsere erste Identität aussuchen, drei können maximal gewählt werden. Da gibt es Bauunternehmer, Manager in einer Bank, die Besitzerin eines okkulten Ladens und die Autorin. Features und Substitutes legen wir noch nicht fest.


Anschließend soll jeder von uns eine Verbindungslinie zwischen sich und einem anderen Charakter ziehen und festlegen, in welcher Beziehung dieser zu ihm steht. Dieser Punkt ist neu bei UA, aber auch recht interessant. Zur Auswahl stehen: Responsibility, Guru, Mentor, Favourite und Protégé. Da meine Freundin und ich Schwestern spielen wollen, ist sie meine Responsibility, da sie immer sehr blauäugig durchs Leben geht, ich bin ihr Mentor. Der Banker-Spieler wählt sie, vermutlich weil sie im echten Leben zusammen sind, als Favourite. Durch dieses Konzept rücken die Charaktere schnell näher zusammen, die Beziehungen werden klarer, man spricht ja auch über die Begründungen, sodass jeder ein Bild der anderen Charaktere erhält, noch bevor das Spiel beginnt.



Es folgt eine zweite Identität und wir dürfen endlich weitere Personen und Orte hinzufügen. Jetzt, wo wir in Fahrt gekommen sind, sprudeln wir nur so über vor Ideen. Ein Altenheim, die eigenen Kinder, eine überforderte Mutter, eine Mitarbeiterin des Black Web, ein trendiger Burgerladen, ein frauenfeindlicher, schwarzer Polizist mit seiner dummen, blonden Azubine und einiges mehr landet schnell auf der Liste und am liebsten würden wir mehr als nur zwei Dinge pro Person hinzufügen. Dann geht es wieder ans Verbinden und da kommen die wildesten Sachen zustande. Es macht unheimlich viel Spaß, es wird viel gelacht und gerätselt. Hin und wieder darf auch der SL noch etwas einfügen, beispielsweise den Obdachlosen Ed, King of the Bin.



Nun dürfen wir uns aussuchen, ob wir mit Hardened Notches anfangen wollen. Die funktionieren in der neuen Edition etwas anders als in der 2nd, denn man hat nun zwei gegenüberliegende Skills, beispielsweise Knowledge und Lie. Ohne Hardened Marks auf dieser Linie hat ersteres einen Wert von 60, das andere 20. Je mehr man abgehärtet ist, desto weiter rückt man von Knowledge weg und nähert sich Lie an. Dies geschieht in 5erschritten: 55 und 25, 50 und 30, 40 und 40, 30 und 50, usw. Die einen werden Upbeat Abilities genannt, die auf der Hardened Seite Downbeat Abilites. Darüber, ob die sinnig angeordnet sind, kann man sich meiner Meinung nach streiten, denn ich finde die Verbindungen teilweise sehr weit hergeholt, aber gut, im Spiel stört es vermutlich nicht. Da denkt man über derartige Dinge nicht nach.


Irgendwie wählen wir alle recht wenige Hardened Notches und haben daher noch hohe Upbeats und geringe Downbeats, was den SL ein wenig verwundert. Er hätte gedacht, wir starten etwas "kaputter". Wir freuen uns jedenfalls, als wir noch einmal Verbindungen zu NSCs ziehen dürfen und diese als Relationships festlegen können, wenn wir wollen. Ich wähle Elizabeth, eine Mitarbeiterin des Black Web als Protégé aus. Langsam neigt sich der Bau dem Ende zu und wir sind motivierter als je zuvor.

Passions festlegen fiel mir schon immer schwer, deshalb graut es mir schon vor diesem Schritt, der nun auch kommt. Fear, Noble und Rage wollen gefunden werden und jeder ruft in die Runde, was ihm so einfällt. Ich glaube nicht, dass das, was ich mir überlegt habe, häufig Gebrauch findet...

Wer möchte darf jetzt noch eine dritte Identität wählen und überraschenderweise tut das auch jeder. Hier kommen nun Supernatural Identities, Avatare und Adepten zum Einsatz. Erstaunlich ist, dass nur einer von uns vollkommen mundan ist: Der Banker. Jede Identity kann als Substitute für eine Ability gewählt werden, das heißt, in passenden Situationen würfelt man auf die Identität statt die Ability. Das hat den Vorteil, dass die Identity steigt, während die Abilities im Spielverlauf schwanken werden. Dann können Identities noch ein paar andere Features, die ich aber nicht alle aufzählen möchte. Jedenfalls kann jede mundane Identity zwei Features besitzen. Auf die Identities kann man übrigens insgesamt 120% verteilen, man muss sich also genau überlegen, was man tut.

Zum Schluss werden noch die Failed Notches errechnet (Hardened Notches geteilt durch 2) und wir diskutieren fleißig über Einzelheiten unserer Welt. Wie heißt der Burgerladen, was hat er für Sonderangebote? Das Golden Plains wird vom Altersheim zu einer noblen Altersresidenz, das Black Web befindet sich in einer alten, gotischen Kirche, die Tische haben Sargform. Unsere Stadt ist ein Vorort von Seattle der ganz schlicht Newtonville heißt. Wir sind ganz betrübt, als der SL sich bedankt und uns die Mind Map wegnimmt, um endlich resümieren zu können. Wir sind alle restlos begeistert. Diese Form der Erschaffung hat so viel Spaß gemacht, dass man gar nicht gemerkt hat, dass man gerade eine Charaktererschaffung durchführt. Die Charaktere sind miteinander und mit ihrer Umwelt verbunden. Schon vor dem Spiel ist unsere Welt lebendiger als eine, die vom SL detailliert ingame beschrieben wurde.


Zwei der Spieler sind so motiviert, dass sie quasi am nächsten Tag beginnen, seitenlange Hintergrundgeschichten zu schreiben. So etwas habe ich selten erlebt. Im Laufe der nächsten Tage werden noch kleinere Anpassungen vorgenommen, hier wird eine Identity umbenannt, da wird aus einem Platzhalter doch noch ein Avatar und ein paar Werte werden noch umgestellt. Nun hat der SL den Stress. Er muss aus dem, was wir uns ausgedacht haben, eine Geschichte erfinden. Etliche Tage gehen dafür drauf, aber dann ist es soweit.

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