Freitag, 19. Mai 2017

Was ist "Through the Breach"?

Wer bei Rollenspielen nicht so aufs Würfeln steht oder wer Steampunk gemischt mit Horror und Wild West spielen möchte, für könnte das Rollenspiel Through the Breach einen Blick wert sein. Im Laufe dieses Jahres wird eine zweite Edition herauskommen, sodass es sich jetzt lohnt, herauszufinden, ob man sich mit dem Spielprinzip und der Welt anfreunden kann. Vermutlich wird die 2. Edition über Kickstarter finanziert. Ein genauer Starttermin ist noch nicht bekannt, aber die verbesserten Regeln befinden sich wohl bereits in Testung.



Through the Breach wurde von Wyrd Games entwickelt und ist eigentlich ein Rollenspielableger zu ihrem Tabletop Game "Malifaux", welches aktuell in der zweiten Edition erhältlich ist. Die Regeln von Malifaux wurden größtenteils auf das RPG übertragen, sodass man nur einmal die Regeln lernen muss und dann beides spielen kann. Diese und weitere Wyrd Produkte spielen außerdem alle im selben Universum.

Die Welt

In einer alternativen Realität, in der die Magie im 18. Jahrhundert einen Tiefpunkt erreichte, vollführten etliche Magier gemeinsam ein Ritual, um ihre Kräfte zu retten. Dabei öffneten sie versehentlich ein Portal in eine fremde Dimension, in der sie eine verlassene Stadt namens Malifaux vorfanden. In den nahen Minen entdeckten sie Edelsteine, welche Magie speichern können und sich neu aufladen, wenn sie sich in der Nähe von Sterbenden befinden. Man nannte diese Steine daher Soulstones. Etliche Menschen strömten wie beim Goldrush nach Malifaux, um dort ihr Glück zu finden und viel Geld zu machen. Nach einigen Jahren hörte man von unserer Seite aus plötzlich Todesschreie und eine Leiche wurde durch den Breach geworfen, bevor dieser sich schloss. Auf der Leiche war das Wort "Ours" eingeritzt. Erst ein Jahrhundert später gelang es erneut, ein Portal nach Malifaux zu öffnen. Eine von den Menschen ins Leben gerufene Organisation namens Guild regiert nun mit eiserner Faust in Malifaux: Sie reguliert den Abbau und Handel der Soulstones, macht Jagd auf Magier und kontrolliert und limitiert die Reisen von und nach dort. Nicht einverstanden mit dieser Politik gründeten sich weitere Organisationen, die in dieser Politik mitmischen. Die größten von ihnen sind die Arcanists, welche Magie und Konstrukte erforschen, das andere die Ressurectionists, die mittels verbotener Magie Tote wiederauferstehen und für sich arbeiten lassen.
In Malifaux traf man nun auch zum ersten Mal auf die eigentlichen Bewohner dieser fremden Welt, die sogenannten Neverborn, fürchterliche Alptraumkreaturen, die die Menschen abgrundtief hassen. Und so beginnt einmal mehr der Kampf Menschen gegen Neverborn, aber auch der Gilden untereinander...

Das Spielprinzip

Wie bereits erwähnt arbeitet Through the Breach nicht mit Würfeln. Stattdessen ist das Hauptwerkzeug der Spieler ein Pokerdeck, das sogenannte Fatedeck. Zusätzlich erhält jeder Spieler 13 Zusatzkarten, das sogenannte Twistdeck, mit denen er seine Ergebnisse verbessern kann (Cheat Fate). Der SL oder Fatemaster zieht niemals Karten, sondern legt lediglich Schwierigkeiten für die Proben fest, Gegner haben daher feste Werte und können diese auch nicht verbessern.

Bei einer normalen Probe sagt der SL eine Schwierigkeit an und die betroffenen Spieler ziehen jeweils eine Karte aus dem Fatedeck, welches in der Mitte des Tisches platziert ist. Zu der gezogenen Zahl addieren sie noch einen Fertigkeits- und einen Attributswert, welche anfangs hauptsächlich zwischen -3 und 3 liegen. Wurde die Schwierigkeit erreicht, gilt die Probe als bestanden. Pro 5 Punkte darüber erhält man zusätzliche Informationen. Schafft man die Schwierigkeit nicht, darf der jeweilige Spieler eine der drei Karten aus seiner Hand, die aus dem Twistdeck gezogen wurden, abwerfen, falls er mit dieser die Schwierigkeit erreicht. Pro Probe darf jeweils nur eine Twistkarte abgeworfen werden.

Kampf


In einem Kampf zieht man ebenfalls eine Karte aus dem Fatedeck und addiert seinen Kampfwert plus Attribut dazu. Damit muss man über die Verteidigung des Gegners kommen. Bei einem Gleichstand gewinnt der Angreifer. Auch hier dürfen beide Parteien, beginnend mit dem, der das Duell verlieren würde, jeweils eine Twistkarte abwerfen, um ihr Ergebnis zu verbessern. Gewinnt der Angreifer, deckt er anschließend eine Fatekarte auf (das Aufdecken nennt man "flippen"). Diese bestimmt den Schaden, den das Ziel nimmt.

Jeder Angriff hat drei Schadenshöhen: Weak, Moderate und Severe. Zeigt die Karte eine 1 bis 5 (das Ass zählt als 1), verursacht man Weak Schaden, bei 6-10 Moderate und bei 11-13 Severe (Bube, Dame, König). Zusäzlich gibt es noch einen schwarze Joker, der 0 Schaden macht bzw. die Probe sofort misslingen lässt und den roten Joker mit einem Wert von 14, der im Kampf Weak + Severe Schaden verursacht. Wird der rote Joker aufgedeckt, darf der Gegner nicht sein Fate cheaten.

Bevor allerdings die Schadenskarte geflippt wird, muss noch ausgerechnet werden, um wieviele Punkte sich der Angriffs- und Verteidigungsflipp unterscheiden. Liegen die Werte der Ergebnisse nah beieinander, erhält der Angreifer sogenannte negative Flips, bei einem hohen Abstand einen positiven Flip. Dies soll zeigen, wie akkurat der Angreifer war und dass sich das Ziel trotzdem noch verteidigen kann. Bei einem negativen Flip zieht der Angreifer beim Schaden eine oder zwei zusätzliche Karten und muss dann den niedrigste Wert nehmen. Bei einem positiven Flip zieht er zwei Karten und wählt eine - meist die bessere - aus.

Suit und Trigger

In Through the Breach werden Pik, Herz, Kreuz und Karo als Suits bezeichnet. Einige Fertigkeiten erhalten spezielle Zusazueffekte, wenn die Karte, die für ihre Benutzung gezogen wird, die festgelegte Suit besitzt. Diese Fertigkeiten werden Trigger genannt. So kann beispielsweise ein Faustkämpfer nach dem Zuschlagen eine Zusatzattacke ausführen, wenn sein Angriff ein Karo hatte oder ein Arzt kann erneut heilen, wenn seine Heilenprobe ein Kreuz gezeigt hat. Es sind also nicht immer nur die Zahlen wichtig, sondern auch die Symbole.

Charaktererschaffung

Die Charaktererschaffung in TtB funktioniert zufallsgesteuert über das Pokerkarten-Deck. Aber keine Sorge, viel wird hier nicht vorgegeben, jedenfalls für den Hintergrund des Charakters. Diese darf man selbst gestalten. Das Zufallssystem legt lediglich die Werte der Attribute und Skills fest. Auf welche Skills man dann welche werte verteilt, bleibt dem Spieler überlassen. Man legt also mit 5 Karten ein Kreuz. Dann konsultiert man eine Tabelle zu jeder Karte. Die zentrale Karte gibt grob die Umstände der Geburt des Charakters vor, also ob er beispielsweise von Goblins entführt wurde, bei Minenarbeitern aufgewachsen ist oder die Eltern Verbindungen zu den Ten Thunders (quasi Yakuza) hatten. Hierzu bekommt man dann einen Skill auf Stufe 1 vorgegeben, der zu diesen Umständen passt. Die rechte und linke Karte geben jeweils die Werte für die physischen und geistigen Attribute vor. Je nach Höhe der Karte sind diese Werte dann anders gefächert, beispielsweise -3, 0, +1, +2 oder -1, -2, +1, +2 oder -3, 0, 0, +3 usw. Die beiden anderen Karten geben unterschiedliche Punkte auf eine unterschiedliche Menge von Skills.

Zu jeder Karte gibt es außerdem einen Satzausschnitt, die aneinandergefügt das Schicksal des Charakters beschreiben. Da kann beispielsweise so etwas Episches herauskommen wie: [Once your soul has been stained by silence] [and your eyes will be open unto the Abyss] [and the page turned is empty of promises,] [they sing for laughter, tears and tomorrow] [and you will murder the deserving.]
Oder auch so etwas Konfuses wie: [When your power begets your heresy] [she will sit amongst your misery] [but fear the shadow cast by no man.] [Frozen Hearths (ja: gefrorene Herde, nicht Herzen) crawl along the stone] [and the Empress will know the traitor.]
Der Charakter kennt dieses Schicksal und kann nun versuchen, es abzuwenden oder es auf sich zukommen lassen.

Damit ist der Zufallspart auch schon vorbei. Die Skills, für die man Punkte erhalten hat, darf man übrigens selbst festlegen. Dann darf man sich eine Pursuit aussuchen, quasi die Charakterklasse. Diese kann man im Laufe des Spiel wechseln, aber jede Klasse ist an ein bestimmtes Set von Sonderfertigkeiten gebunden, man sollte sich also gut überlegen, was man nimmt und ob man wechselt. Am Ende darf man dann noch ein paar Talente auswählen, welche ebenfalls besondere Boni auf bestimmte Skills geben. Hierbei ist zu beachten, dass Talents oft Voraussetzungen haben, welche nicht selten negative Werte in einem Attribut sind. Es lohnt es sich manchmal sogar, ein für die Klasse wichtiges Attribut auf einen negativen Wert zu setzen, um von diesen Sonderfähigkeiten zu profitieren.

Fazit

Es klingt teilweise etwa komplex, wenn man es beschreibt, doch wenn man die Karten vor sich sieht, ist sehr vieles schnell klar und auch recht eindeutig. Die Reihenfolge und Mechanik sind super schnell zu lernen und ebenso leicht anzuwenden. Leider verwendet Through the Breach nicht die normalen Kartensymbole wie Herz und Kreuz, sondern hat diese durch ähnliche Symbole ersetzt: Herz wird zu Rams, Pik zu Crows, Kreuze zu Tomes und Karo zu Masks. Das hat natürlich einen spieltechnischen Hintergrund, da diese Symbole für die vier ursprünglichen Gruppierungen im Malifaux-Universum stehen (Rams = Gilde, Tomes = Arcanists, Crows = Ressurectionists, Masks = Neverborn) und auch bestimmte Eigenschaften betonen (Rams sind mit Kraft aussoziiert, Tomes mit Klugheit). Allerdings ist das Umdenken manchmal etwas schwierig, da die Symbole nicht immer eindeutig eine ähnliche Form haben. Ideal ist daher, sich die Malifaux-Spielkarten zu kaufen, die gleich die richtigen Symbole haben. Die Karten aus der Malifaux Einsteiger-Box haben außerdem noch auf sich stehen, welche Schadensstärke sie verursachen.

Ein weiteres, kleineres Problem ist, dass Through the Breach älteres Englisch nachahmt, um die viktorianischen Anklänge hervorzuheben. So findet man einige Skills, die sich gar nicht so einfach übersetzen lassen oder die sehr ungebräuchlich sind. Im Grundregelwerk gibt es glücklicherweise eine Liste mit Kurzbeschreibungen, die allerdings im Schnellstarter fehlen. Auch gibt es ein paar scheinbar nutzlose Skills wie Labor oder Husbandry (Farmtiere versorgen und transportieren). Aber mit diesen Sachen kann man durchaus leben.

Ansonsten ist die Mechanik sehr ansprechend, einfach zu lernen und anzuwenden. Wer außerdem gerne Tabletops spielt, muss nicht groß umlernen, um auch Malifaux zu spielen - die Minis dazu sind übrigens sehr schön filigran und detailreich, die Crews gut ausbalanciert, sodass man nicht DIE Taktik fahren kann. Wer sich weiter informieren möchte, findet hier mehr zu Through the Breach und den anderen Wyrd Entwicklungen.

Wie sich die Mechnaik letztendlich spielt, werden wir demnächst mit ein paar Oneshots austesten, natürlich halte ich euch darüber auf dem Laufenden. Das Setting begeistert mich jedenfalls und ich freue mich schon riesig darauf.

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