Nachdem ich
ja ein wenig über das Spielerlebnis von Ten Candles berichtet habe, möchte ich
an dieser Stelle die Mechaniken etwas genauer erläutern. Spieler, die sich
gerne noch ein wenig überraschen lassen wollen, sollten die als Spoiler
gekennzeichneten Absätze überspringen.
Der Grundgedanke
Ten Candles
ist ein Erzählspiel und sogenannter Tragic Horror. Im Gegensatz zum Survivalhorror geht es also
nicht ums Überleben, sondern man weiß von Anfang an, dass ale Charaktere am
Ende sterben werden. Dadurch konzentriert man sich weniger aufs krampfhafte
Überlebenwollen, sondern mehr darauf, eine unheimliche, spannende und
emotionale Geschichte zu erzählen. Der SL ist somit auch kein Gegner, sondern
ein halber Mitspieler, der die Geschichte ebensosehr mitbestimmt wie jeder
andere auch.
Charaktererschaffung
Zunächst
einmal werden 10 Teelichter im Kreis auf den Tisch gestellt. Wer echte Kerzen
verwendet, sollte dazu noch eine Schale in die Mitte stellen, bei der es nicht
schlimm ist, falls sie Rußflecken bekommt.
Gewürfelt
wird mit 10W6. Die Spieler haben zu Beginn jeder Szene so viele Würfel, wie
Kerzen brennen. Sie benötigen lediglich eine 6 für einen Erfolg. Bei einem
Erfolg darf der Spieler beschreiben, was geschieht. Jede 1 wird bis zum Ende
der Szene aus dem Pool genommen. Wird keine 6 gewürfelt, endet die Szene
sofort. Endet eine Szene, wird ein Teelicht gelöscht und jeder Spieler und der
SL legen reihum für jede noch brennende Kerze einen Fakt fest (z.B.: es regnet,
in der Stadt lebt niemand mehr, das Auto ist vollgetankt, etc.). Von den
Spielern dürfen keine Fakten über SIE festgelegt werden, nur der SL darf dies
tun. Die letzte Kerze ist immer für den Fakt „We are alive“ reserviert.
Der SL
erhält einen W6 pro gelöschter Kerze und würfelt fortan gegen die Spieler um
das Erzählrecht. Würfeln die Spieler, würfelt also auch der SL. Das Erzählrecht
erhält derjenige mit den meisten 6en. Bei einem Gleichstand darf der Spieler,
der gewürfelt hat, eine seiner Eigenschaften verbrennen, um das Erzählrecht zu
erhalten, sonst bekäme es der SL. Hierzu komme ich aber später noch einmal
genauer. Schauen wir uns zunächst die Charaktererschaffung an.
Jeder
Spieler erhält zuerst 5 Karteikärtchen und einen Edding. Den Edding deshalb,
weil man die dickere Schrift im Dunkeln leichter lesen kann. Dann wird der
Einführungstext vorgelesen, der erklärt, was im Setting überhaupt vorgefallen
ist, anschließend wird das Modul zum ersten Mal vorgestellt, damit die Spieler
ungefähr wissen, auf was sie sich einstellen müssen. Jeder Charakter startet
nur mit den Dingen, die sein Spieler in den Hosentaschen hat.
Spoiler!
Nun legt
jeder Spieler erst eine positive und dann eine negative Eigenschaft (Virtue und
Vice) fest, jede wird jeweils auf eine Karteikarte geschrieben. Diese
Eigenschaften können sehr weit gefasst sein, beispielsweise hilfsbereit,
Glückspilz, intelligent, genau, jähzornig, Phobie, paranoid, etc. Die Spieler
erstellen natürlich etwas, was sie sich für ihren eigenen Charakter vorstellen.
Dann aber werden sie ordentlich überrascht, zumindest bei der ersten Runde,
denn sie behalten ihre Karten nicht! Stattdessen müssen sie nun die positive
Eigenschaft an den rechten und die negative an den linken Sitznachbarn
weitergeben und erhalten so eine komplett neue Eigenschaftszusammenstellung.
Bei erfahrenen Ten Candles Spielern kann natürlich die Richtung getauscht
werden oder man lässt zufällig ziehen, um etwas Variation zu erzeugen.
Als nächstes
sollen die Spieler ihr eigentliches Grundkonzept auf einer Karteikarte
festhalten. Dies beinhaltet Vorname, Alter, Beruf und markante Punkte im
Aussehen. Es muss also nichts sonderlich Ausgeklügeltes sein, da die Charaktere
ohnehin sterben und das Spiel durchschnittlich nur etwa 3 Stunden dauert
Als nächstes
schreibt jeder der Spieler auf eine Karteikarte: I will find hope… Dies nennt
sich der Moment. Was hier festgelegt wird, soll bzw. kann als Foreshading
genutzt werden. Man kann hier beispielsweise schreiben, dass man Hoffnung findet,
wenn man auf Überlebende oder ein Familienmitglied trifft oder herausfindet,
wie man SIE verletzen kann usw. Der SL sollte versuchen, die hier festgelegten
Elemente in die Story einzubauen. Spieler können diese Karten später einsetzen,
um Würfel zu wiederholen. Bei einem Erfolg tritt das Ereignis, das ihnen
Hoffnung spendet, tatsächlich ein und der Spieler erhält dauerhaft einen
Zusatzwürfel, der nur von ihm genutzt werden darf. Bei einem Misserfolg
schwindet die Hoffnung und das Ereignis tritt nicht ein.
Als Letztes
hält jeder Spieler den sogenannten Brink fest, den Abgrund, den er über einen
Sitznachbarn weiß. Darunter fallen beispielsweise, dass man gesehen hat, wie
dieser jemanden im Stich gelassen oder getötet hat, Menschenfleisch verzehrt
hat usw. Diese Karte bekommt dann der jeweilige Spieler.
Spoiler!
Nur einer
der Spieler, nämlich der neben dem SL, darf einen Fakt über SIE festlegen.
Diesen weiß sein Charakter und darf ihn den anderen Charakteren jederzeit mitteilen,
wenn er möchte. Der SL legt dann einen Brink für den anderen Charakter neben
sich fest, da dieser ja keinen von dem anderen Spieler bekommen hat. Den Brink,
der für SIE festgelegt wurde, darf übrigens auch gegen die Spieler verwendet
werden, nur dann erfahren sie das Geheimnis natürlich sofort. Die Regeln, wie
der Brink verwendet wird, findet sich unter „Karten verbrennen“.
Bevor das
Spiel richtig losgeht, wird das Modul noch einmal erklärt, dann spricht jeder
Charakter noch eine Botschaft auf ein Aufnahmegerät. Am Ende des Spiels, wenn
alle Charaktere gestorben sind und die letzte Kerze gelöscht wurde, wird in
völliger Dunkelheit jede dieser Nachrichten noch einmal abgespielt. Eine
schlechte Aufnahmequalität kann hier ein stimmungsvoller Bonus sein
Karten
verbrennen
Das
Charakterkonzept ausgenommen, legt jeder Spieler seine vier Kartekarten auf
einen Stapel. Der Abgrund bzw. Brink liegt immer ganz unten. Nur ein Spieler
darf seinen Moment, seine Hoffnung nach ganz oben legen, die anderen Karten
dürfen in beliebiger Reihenfolge aufeinandergelegt werden. Es darf immer nur
die oberste Karte benutzt werden und niemals mehr als eine pro Probe.
Normalerweise
verliert man jede 1 aus dem Pool. Verbrennt man jedoch eine seiner Karten, darf
man alle Einsen neu würfeln. Das Verbrennen wird übrigens wörtlich genommen:
Die Karte wird am Teelicht entzündet und dann in die Schale in der Mitte
gelegt, wo sie verbrennt. So wird es für einen kurzen Moment heller. Bei
elektrischen Teelichtern legt man die Karte einfach nur in die Mitte der
Kerzen. Haben der Spieler und der SL gleichviele Sechsen gewürfelt, würde das
Erzählrecht eigentlich an den SL gehen. Verbrennt man eine seiner Karten,
erhält stattdessen der Spieler das Erzählrecht. Normale Eigenschaften werden
stets nach einer Probe verbrannt.
Der Moment
(die Hoffnungskarte) muss vor der Probe eingesetzt werden. Das Risiko hierbei
ist natürlich hoch, denn bei einem Misserfolg kann man nichts neu würfeln und
die Hoffnung ist verloren. Bei einem Erfolg erhält der Spieler jedoch dauerhaft
einen Zusatzwürfel für alle seine Proben. Dieser sollte eine andere Farbe haben
als die übrigen Würfel, da für ihn gilt, dass auch eine 5 bereits ein Erfolg
ist.
Setzt man
seinen Brink ein, wiederholt man die gesamte Probe, unabhängig von den Einsen
und Sechsen, die zuvor gewürfelt wurden. Bein einem Misserfolg verliert man die
Karte und den Hoffnungswürfel – und eine Kerze wird gelöscht! Bei einem Erfolg
erhält man die Karte zurück und kann sie später erneut einsetzen.
Der Last
Stand
Brennt nur
noch eine Kerze, werden nur noch zwei Wahrheiten gesprochen und keine weitere
mehr festgelegt: „These things are true: The world is dark and we are alive.“
In dieser letzten Szene greifen SIE mit allem an, was SIE haben. Lichter, die
die Charaktere bei sich haben, erlöschen oder zeigen keine Wirkung mehr, es
wird sehr dramatisch. Schafft ein Charakter seine Probe nicht, wird keine Kerze
gelöscht, sondern der Charakter stirbt. Er darf selbst aussuchen und
beschreiben, wie es geschieht. Sind schließlich alle Charaktere gestorben, wird
auch die letzte Kerze gelöscht und der SL verkündet: "These things are
true: The world is dark.“ Dann spielt er die Aufnahmen der Charaktere vom
Anfang ab. Das Spiel ist vorbei.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung https://black-oracle.blogspot.com/p/datenschutzerklarung.html und in der Datenschutzerklärung von Google.
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.