Mittwoch, 7. November 2018

Cthulhu: Tote Träume

Im heutigen Bericht geht es in Anlehnung an die letzten Szenarien und an das frisch erschienene Apokalypsenband erneut um eine postapokalyptische Welt. "Tote Träume" erschien in der Cthulhoide Welten von April 2005 und sollte erstmalig ein Apokalypsensetting aus deutscher Feder einleiten, eine Idee, die später nicht weiterverfolgt wurde. Man spielt eine Gruppe von Personen, die bereits in der "Erwachten Welt" aufgewachsen ist und dort ums Überleben kämpft.



Die Charaktere

Schatten: 35 Jahre, Anführer der Gruppe. Wahrer Name unbekannt.

Sheena: Europäerin. Kann Träume wiedererleben und darin wandeln. In Yu verliebt.

Yu: 28 Jahre, Technikfreak. Kennt sich perfekt mit Maschinen und Elektronik aus.

Xi: Ehemalige Sklavin der Tcho-Tcho. Hasst diese abgrundtief.

Die Geschichte

Wir befinden uns in der Erwachten Welt. Vor langer Zeit sind die Großen Alten auferstanden und haben die Welt an sich gerissen. Im ehemaligen Shanghai sind die Tcho-Tcho eingefallen und streifen nun zusammen mit anderen Monstrositäten durch die Straßen. Sie halten sich Menschen als Sklaven und opfern sie in unaussprechlichen Ritualen. Die Menschen leben seitdem in kleinen Grüppchen unter der Stadt in alten U-Bahn-Schächten und Abwasserkanälen. Strom gibt es schon lange nicht mehr und trotzdem flackert manchmal der mysteriöse Geisterstrom für wenige Sekunden durch die alten Kabel, lässt Geräte anspringen und verschwindet dann wieder.

Die Gruppe hetzt durch finstere Gänge, immer tiefer nach unten. Hier eine aus den Angeln gerissene Tür, da stinkende Schimmelpilze. Doch vor ihnen liegt etwas, Hoffnung, ein Gefühl, dass sie noch nie verspürt haben. Dann zerreißt ein lautes Kreischen die Stille und die Charaktere erwachen. Blut rinnt aus ihren Ohren und sie sind erst einmal vollkommen desorientiert. Sie befinden sich in ihrem Unterschlupf, doch war das Geräusch nun echt oder nur ein Traum? Geisterstrom zuckt durch die Leitungen. Irritiert suchen sie die nähere Umgebung ab, machen ihr MG und andere Waffen bereit und lauschen in die Finsternis. Nichts. Allmählich beruhigen sie sich wieder. Dann geht es plötzlich erneut los, die Bilder durchzucken sie wie Erinnerungsfetzen, der Schrei durchdringt sie und sie erwachen erneut mit blutenden Ohren und schweißgebadet. Auch dieses Mal geht die Gruppe auf Nummer sicher, doch wieder finden sie keine Bedrohung. Und wieder flackert der Strom.

Sheena versucht, den Traum zu deuten, indem sie sich in ihn zurückversetzt. Doch statt einer klaren Antwort erhält sie Bilder von einem Parkdeck, auf dem ein verlassener Zugabteil steht. In ihren Gedanken erklingt der Ratschlag, den Chang Gui zu befragen. Als sie dies den anderen mitteilt, weiß zumindest Xi, dass Chang Gui so viel wie Irrsinniger Geist heißt, aber auch für einen Ahnen- und Schutzgeist stehen kann. Das Parkdeck, so wissen alle, befindet sich in der Ebene über ihnen. Da Schatten ohnehin findet, dass es an der Zeit ist, zu gehen, baut Yu auch das MG ab und trägt es mit. Dann schleichen sie los. Wie zur Aufforderung, sich zu beeilen, schießt eine erneute Stromwelle durch die Gegend. Merkwürdig, denn so dicht ist ihnen das Phänomen noch nie gekommen.

In den finsteren Gängen des toten U-Bahn-Netzes tanzen Schatten im schwachen Licht der Taschenlampen. Hin und wieder scheint auch etwas knapp am Rande ihres Blickfeldes entlang zu huschen und die Nerven aller sind zum Zerreißen gespannt. In der Ferne hört man den Schrei einer Frau, dann steht plötzlich eine Schattengestalt neben den Charakteren, wodurch Xi sich derart erschreckt, dass sie darauf schießt. Zum Glück trifft sie niemanden und Schatten reißt ihr die Waffe sofort aus der Hand. Die anderen sind geschockt, doch die Gestalt ist verschwunden. Dafür ist nun Eile geboten, denn der Schuss hat ihre Position verraten.

Bald schon geht es hinauf auf die höhere Ebene. Ein weit ausgedehntes Parkdeck erstreckt sich vor ihnen. Skeptisch blickt sich die Gruppe um, das sieht zu sehr nach einer Falle aus. Der Wagon steht exponiert und ungeschützt in der Mitte des Decks, doch niemand entdeckt oder hört eine Gefahr. Man schleicht voran und als man näherkommt, gehen im Wagon sämtliche Lichter an. Yu schließt daraus, dass sich darin eine funktionierende Stromquelle befindet und ist mehr als bereit, nach dieser zu suchen. Als sie näherkommen, öffnen sich die Wagontüren wie von Geisterhand. Schatten will als erster einsteigen, doch gerade, als Xi ihm hoch hilft, erscheint ein geisterhaftes, verzerrtes Gesicht vor ihm. Die beiden taumeln, doch letztendlich können alle in den Wagon klettern. Das Geistergesicht schwebt nun jammernd um die Scheiben herum. Sheena und Yu bewachen die Tür, während die anderen beiden sich im Wagen umsehen. Der Geist scheint eher wie ein Insektenschwarm zu klingen, was Sheena etwas besorgt.

Schatten entdeckt einen Toten, aus dessen Jackentasche Xi einen Ausweis hervorholt. Der Mann war anscheinend Pfleger in einem Krankenhaus in der Stadt. Der Anführer berührt den leblosen Körper, als dessen Geist "Berühr mich" raunt. Sofort erstarrt er vollkommen. Xi reagiert sofort und will ihn losreißen, doch auch sie erstarrt direkt bei der Berührung. Sie erleben, wie ihr Körper leblos wird, wie sich chemische Prozesse in Gang setzen, sie langsam vergammeln und Maden an ihnen nagen. Es ist ein furchtbares, widerliches Gefühl. Doch dann sehen sie auch das Krankenhaus und wie der Tote immer tiefer hinabsteigt in die Untergeschosse. Sheena und Yu bekommen von der Vision kaum etwas mit, da sie nur Sekunden anhält. Erst, als die anderen beiden wieder aufschrecken, können sie berichten, dass sie für einen Augenblick wie erstarrt gestanden haben.

Nach einer kurzen Diskussion beschließt man, der Weisung des Geistes zu folgen und macht sich auf den Weg zum Krankenhaus. Unterirdisch natürlich, denn die Oberfläche ist zu gefährlich. Für eine ganze Weile ist die Gruppe unterwegs in den U-Bahn-Tunneln, wo sie sich gut zurechtfindet. Dann jedoch geht es in die Kanalisation, einen unwirtlichen Ort, in dem man schnell die Orientierung verlieren kann. Sheena lauscht in die Finsternis und hört etwas, das wie ein sterbendes Tier klingt. Leise schleicht man weiter und schon bald beschleicht sie das Gefühl, verfolgt zu werden. Hier und da hört man ein leises Weinen oder Schreien, aber niemals Schritte. Mehrmals läuft die Gruppe im Kreis und kommt schließlich an einen halb angefressenen Kadaver. Als dann auch noch dicht hinter ihnen wieder Geräusche erklingen, rennen sie schnell weiter und gelangen mit viel Glück zum richtigen Aufgang.

Draußen regnet es und die Korrosionserscheinungen an den Gebäuden und auf der Straße lassen darauf schließen, dass es kein normaler Regen ist. Rasch überquert man die Straße und gelangt zum an das Krankenhaus angeschlossene Klärwerk. Yu schweißt die Tür auf und man huscht hinein. In der riesigen Halle stinkt es furchtbar und überall zerfressen Rost, Schimmel und merkwürdige Pilze das Metall. Ab jetzt muss man leise sein, denn die Tcho-Tcho haben angeblich im Krankenhaus ihr Lager errichtet. Man schleicht also voran und gelangt bald in eine Wäschekammer, in der neben alter Kleidung auch Menschenhäute hängen. Und dann hört man auch noch Schritte näherkommen. Rasch versteckt sich die Gruppe, während das Licht flackert und die ersten zwei Tcho-Tcho den Raum betreten. Xi wirft zur Ablenkung eine Spieluhr, dann geht das Licht aus. Schnell werden die unliebsamen Kreaturen ausgeschaltet, dann muss man sich sputen. Nach unten, so viel weiß man noch.

Doch während die vier Menschen durch die verwirrenden Gänge des Krankenhauses rennen, brechen Xu und Sheena plötzlich zusammen und haben wirre Halluzinationen und Zuckungen. Nur mit Mühe können die anderen beiden sie beruhigen und mit sich schleppen, ohne entdeckt zu werden. Nach diesem Schrecken bewegt man sich wieder leise fort und glaubt, hier und dort Gegenstände aus dem Traum zu erkennen. Als sie ins erste Untergeschoss eindringen, springt in einem Raum der Strom an und ein Computer fährt hoch. Yu kann dem nicht widerstehen und schaut sich dieses Wunderwerk der Technik genauer an. Zwar kann er auf keine der Dateien zugreifen, doch er entdeckt zumindest einen Plan der zwei nächsten Stockwerke und Hinweise darauf, dass hier früher merkwürdige Experimente durchgeführt wurden, die zu Mutationen geführt haben. Liebend gerne würde er versuchen, die Dateien zu entschlüsseln, doch dafür ist keine Zeit und der Rest der Gruppe drängt zum Weitergehen.

Sie schaffen es auch, unbehelligt bis zur Treppe ins 3. UG zu gelangen. Dort jedoch sind zwei Stolperdrähte gespannt und unten sitzen zwei Tcho-Tcho-Wachmänner und spielen Karten. Xi hat zum Glück auf ihrem Gewehr einen Schalldämpfer. Sie und Schatten schleichen sich an, als sie bemerken, dass die Wachen ein Funkgerät dabeihaben. Sie schalten sie so schnell es geht aus, gerade rechtzeitig, denn kurz darauf werden sie gefragt, ob alles in Ordnung sei. Aus ihrer Zeit als Sklavin spricht Xi gut genug ihre Sprache, um eine angemessene Antwort zu geben.

Hier unten wird es allmählich dreckiger und stickiger. Die Gruppe watet durch Morast, während hin und wieder ein Heulen erklingt, ähnlich dem in den Abwasserkanälen. Sheena erkennt die Stimme als die ihrer Schwester, der sie bisher nur in ihren Träumen begegnet ist, doch auch die anderen halten die Stimme für bekannt und vermuten eine Falle oder Manipulation. Sie dringen in die tieferen Etagen ein, doch der Fahrstuhl, von dem sie eine Vision hatten, ist hier noch nicht zu entdecken. Zu allem Überfluss hören sie nun wütende Rufe und das Trappeln etlicher Schritte. Die Tcho-Tcho sind ihnen auf den Fersen. Man nimmt die Beine in die Hand und rennt, kommt aber an eine halb zerstörte Treppe. Nur mit Mühe schaffen sie es, darüber zu klettern oder springen, doch im Treppenhaus unter ihnen bewegt sich irgendetwas schlängelnd voran. Xi zögert da nicht lange und wirft Sprengstoff nach unten, was die Treppe komplett zum Einsturz bringt. Dann eilen sie weiter, tiefer hinein ins Dunkel.

Und dann kommen sie an einem großen Saal an, in dem gut 20 ihrer Feinde campieren. Kurz wird überlegt, wie man das Problem am besten angehen kann, dann baut man das MG auf und geht den Weg des geringsten Widerstandes. Die Tcho-Tcho werden von dem Dauerfeuer völlig überrascht und obwohl einige noch Gegenwehr leisten, ist am Ende kaum einer mehr in der Lage, sich überhaupt noch zu bewegen. Beim Durchrennen entdeckt Xi, dass es sich um die Anhänger desselben Kultes handelt, der sie damals gefangen gehalten hat und sie beginnt, die Kreaturen, die noch leben, einen nach dem anderen zu erschießen. Als jedoch die Decke anfängt zu bröckeln, muss sie davon ablassen und weiterrennen.

Es geht noch weiter nach unten, wo sich seltsame Laborräume befinden. Gerade schleicht man durch eins davon, als man aus beiden Richtungen Schritte hört. Man ist eingekreist! Schnell versteckt man sich, dann brechen auch schon Tcho-Tcho durch die eine Tür herein und eröffnen das Feuer. Xi und Schatten schießen sehr erfolgreich zurück, während Sheena leicht und Yu schwer verletzt werden. In einer kurzen Atempause ist Zeit zur Flucht. Sheena schnappt sich Yu und versucht, mit den anderen mitzuhalten, doch sie wankt und stürzt. Hinter ihr schreiende Horden von Tcho-Tcho. Schatten hilft ihr auf. Am Ende des Ganges glimmt das verheißungsvolle Licht des Fahrstuhls. Xi steht bereit, den Knopf zu drücken. Ihre Nerven sind bis zum Zerreißen gespannt und mit den Feinden hinter sich denkt sie darüber nach, den Knopf einfach zu drücken und Sheena und Yu einfach zurückzulassen. Doch dann sind sie da und die Tür schließt sich. Schüsse prallen noch von der Wand ab, dann ist Stille.

Es geht tiefer nach unten und als sich die Tür wieder öffnet, tritt man in einen Raum völliger Dunkelheit. Doch alle haben wieder ein Gefühl des Glücks und der Hoffnung. Sie sind angekommen und es erklingt eine Stimme, die sie willkommen heißt. Fast wie hypnotisiert gehen sie vorwärts, zu ihren Füßen liegt irgendetwas. Körper vielleicht oder Skelette? In einem langen Gang sieht man Licht und dann tritt eine Gestalt hervor.

Sie ist nicht menschlich. Lange, tentakelartige Arme sprießen aus ihrem Körper und auch andere Konturen sind einfach falsch. Xi reißt ihre Waffe nach oben. Sheena kreischt. Das Licht beleuchtet kurz die Szenerie. Auf dem Boden liegen hunderte Leichen. Leichen von Schatten, Xi, Yu und Sheena in verschiedensten Verwesungsstadien. Dann wird es dunkel.

Die Vision von Gängen und muffiger Luft. Dann ein markerschütterndes Kreischen. Die Charaktere schrecken hoch. Blut rinnt aus ihren Ohren und sie sind völlig desorientiert. Die Einzelheiten des Traums sind verschwommen. Sie befinden sich in ihrem Lager in den U-Bahn-Schächten.


Fazit

Insgesamt ein sehr nettes Szenario, wenn auch die Tatsache, dass man in eine Falle läuft, massiv offensichtlich ist. Der Autor hat jedoch an die Möglichkeit gedacht, dass sich die Charaktere weigern könnten, dem Traum nachzugehen und hat beschrieben, wie es in diesem Fall weitergeht. Dies ist zwar der langweiligere Weg, aber auch der einzige, um dem Loop endgültig zu entkommen, denn die Kreatur hat die Charaktere in einer Schleife festgesetzt, um sich von ihren schlimmsten Emotionen zu ernähren, indem es sie zunächst mit Hoffnung erfüllt und dann diese zerstört.

Die Atmosphäre war sehr düster und gehetzt, untermalt von einem sehr gut ausgewählten Soundtrack des SL, bestehend aus den OST von Hereditary, Agony und Midnight MeatTrain sowie dem Intro und Outro von Hellraiser.

Dem Szenario selbst merkt man sein Dasein als wenig editiertes Fanprojekt an. An einigen Ecken und Enden könnte es deutlich mehr Feinschliff gebrauchen, es gibt einige Inkonsistentheiten und kleinere Problemchen. Vor allem die Namen haben für Verwirrung gesorgt: Wir spielen in China, wieso heißt der Anführer Schatten, wenn alle anderen vernünftige Namen haben? Wir spielen in China, wieso heißt ein Charakter Sheena? Eine Frau heißt Xi (Shi gesprochen) und eine Sheena (Schina). Jedes Mal, wenn Xi gesagt wurde, hätte das auch der Kosename von Sheena sein können. Die Namen sollten also besser ausgetauscht werden.

Insgesamt hat es viel Spaß gemacht und sich in unsere aktuelle Apokalypsensettings gut eingefügt. Tcho-Tcho als Gegner sind aber irgendwie nicht ernst zu nehmen, finde ich. Ich habe mir stattdessen die bösen Aliens aus Das fünfte Element vorgestellt.

Mit ein wenig Aufbereitung also ein recht gutes Szenario, das man durchaus mal spielen kann. Selbst ohne richtige Gegner lässt sich eine super paranoide Atmosphäre aufbauen. Wir wurden beispielsweise ständig von dem Geisterstrom begleitet, sodass ich schon an eine ähnliche Kreatur dachte wie bei Abwärts. Dazu kamen dann die Geistererscheinungen. Unheimlich.

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