Montag, 28. November 2016

Ten Candles - How to

Nachdem ich ja ein wenig über das Spielerlebnis von Ten Candles berichtet habe, möchte ich an dieser Stelle die Mechaniken etwas genauer erläutern. Spieler, die sich gerne noch ein wenig überraschen lassen wollen, sollten die als Spoiler gekennzeichneten Absätze überspringen.

Der Grundgedanke

Ten Candles ist ein Erzählspiel und sogenannter Tragic Horror. Im Gegensatz zum Survivalhorror geht es also nicht ums Überleben, sondern man weiß von Anfang an, dass ale Charaktere am Ende sterben werden. Dadurch konzentriert man sich weniger aufs krampfhafte Überlebenwollen, sondern mehr darauf, eine unheimliche, spannende und emotionale Geschichte zu erzählen. Der SL ist somit auch kein Gegner, sondern ein halber Mitspieler, der die Geschichte ebensosehr mitbestimmt wie jeder andere auch.

Charaktererschaffung

Zunächst einmal werden 10 Teelichter im Kreis auf den Tisch gestellt. Wer echte Kerzen verwendet, sollte dazu noch eine Schale in die Mitte stellen, bei der es nicht schlimm ist, falls sie Rußflecken bekommt.

Gewürfelt wird mit 10W6. Die Spieler haben zu Beginn jeder Szene so viele Würfel, wie Kerzen brennen. Sie benötigen lediglich eine 6 für einen Erfolg. Bei einem Erfolg darf der Spieler beschreiben, was geschieht. Jede 1 wird bis zum Ende der Szene aus dem Pool genommen. Wird keine 6 gewürfelt, endet die Szene sofort. Endet eine Szene, wird ein Teelicht gelöscht und jeder Spieler und der SL legen reihum für jede noch brennende Kerze einen Fakt fest (z.B.: es regnet, in der Stadt lebt niemand mehr, das Auto ist vollgetankt, etc.). Von den Spielern dürfen keine Fakten über SIE festgelegt werden, nur der SL darf dies tun. Die letzte Kerze ist immer für den Fakt „We are alive“ reserviert.

Der SL erhält einen W6 pro gelöschter Kerze und würfelt fortan gegen die Spieler um das Erzählrecht. Würfeln die Spieler, würfelt also auch der SL. Das Erzählrecht erhält derjenige mit den meisten 6en. Bei einem Gleichstand darf der Spieler, der gewürfelt hat, eine seiner Eigenschaften verbrennen, um das Erzählrecht zu erhalten, sonst bekäme es der SL. Hierzu komme ich aber später noch einmal genauer. Schauen wir uns zunächst die Charaktererschaffung an.

Jeder Spieler erhält zuerst 5 Karteikärtchen und einen Edding. Den Edding deshalb, weil man die dickere Schrift im Dunkeln leichter lesen kann. Dann wird der Einführungstext vorgelesen, der erklärt, was im Setting überhaupt vorgefallen ist, anschließend wird das Modul zum ersten Mal vorgestellt, damit die Spieler ungefähr wissen, auf was sie sich einstellen müssen. Jeder Charakter startet nur mit den Dingen, die sein Spieler in den Hosentaschen hat.


Spoiler!
Nun legt jeder Spieler erst eine positive und dann eine negative Eigenschaft (Virtue und Vice) fest, jede wird jeweils auf eine Karteikarte geschrieben. Diese Eigenschaften können sehr weit gefasst sein, beispielsweise hilfsbereit, Glückspilz, intelligent, genau, jähzornig, Phobie, paranoid, etc. Die Spieler erstellen natürlich etwas, was sie sich für ihren eigenen Charakter vorstellen. Dann aber werden sie ordentlich überrascht, zumindest bei der ersten Runde, denn sie behalten ihre Karten nicht! Stattdessen müssen sie nun die positive Eigenschaft an den rechten und die negative an den linken Sitznachbarn weitergeben und erhalten so eine komplett neue Eigenschaftszusammenstellung. Bei erfahrenen Ten Candles Spielern kann natürlich die Richtung getauscht werden oder man lässt zufällig ziehen, um etwas Variation zu erzeugen.


Als nächstes sollen die Spieler ihr eigentliches Grundkonzept auf einer Karteikarte festhalten. Dies beinhaltet Vorname, Alter, Beruf und markante Punkte im Aussehen. Es muss also nichts sonderlich Ausgeklügeltes sein, da die Charaktere ohnehin sterben und das Spiel durchschnittlich nur etwa 3 Stunden dauert

Als nächstes schreibt jeder der Spieler auf eine Karteikarte: I will find hope… Dies nennt sich der Moment. Was hier festgelegt wird, soll bzw. kann als Foreshading genutzt werden. Man kann hier beispielsweise schreiben, dass man Hoffnung findet, wenn man auf Überlebende oder ein Familienmitglied trifft oder herausfindet, wie man SIE verletzen kann usw. Der SL sollte versuchen, die hier festgelegten Elemente in die Story einzubauen. Spieler können diese Karten später einsetzen, um Würfel zu wiederholen. Bei einem Erfolg tritt das Ereignis, das ihnen Hoffnung spendet, tatsächlich ein und der Spieler erhält dauerhaft einen Zusatzwürfel, der nur von ihm genutzt werden darf. Bei einem Misserfolg schwindet die Hoffnung und das Ereignis tritt nicht ein.

Als Letztes hält jeder Spieler den sogenannten Brink fest, den Abgrund, den er über einen Sitznachbarn weiß. Darunter fallen beispielsweise, dass man gesehen hat, wie dieser jemanden im Stich gelassen oder getötet hat, Menschenfleisch verzehrt hat usw. Diese Karte bekommt dann der jeweilige Spieler.


Spoiler!
Nur einer der Spieler, nämlich der neben dem SL, darf einen Fakt über SIE festlegen. Diesen weiß sein Charakter und darf ihn den anderen Charakteren jederzeit mitteilen, wenn er möchte. Der SL legt dann einen Brink für den anderen Charakter neben sich fest, da dieser ja keinen von dem anderen Spieler bekommen hat. Den Brink, der für SIE festgelegt wurde, darf übrigens auch gegen die Spieler verwendet werden, nur dann erfahren sie das Geheimnis natürlich sofort. Die Regeln, wie der Brink verwendet wird, findet sich unter „Karten verbrennen“.


Bevor das Spiel richtig losgeht, wird das Modul noch einmal erklärt, dann spricht jeder Charakter noch eine Botschaft auf ein Aufnahmegerät. Am Ende des Spiels, wenn alle Charaktere gestorben sind und die letzte Kerze gelöscht wurde, wird in völliger Dunkelheit jede dieser Nachrichten noch einmal abgespielt. Eine schlechte Aufnahmequalität kann hier ein stimmungsvoller Bonus sein

Karten verbrennen

Das Charakterkonzept ausgenommen, legt jeder Spieler seine vier Kartekarten auf einen Stapel. Der Abgrund bzw. Brink liegt immer ganz unten. Nur ein Spieler darf seinen Moment, seine Hoffnung nach ganz oben legen, die anderen Karten dürfen in beliebiger Reihenfolge aufeinandergelegt werden. Es darf immer nur die oberste Karte benutzt werden und niemals mehr als eine pro Probe.

Normalerweise verliert man jede 1 aus dem Pool. Verbrennt man jedoch eine seiner Karten, darf man alle Einsen neu würfeln. Das Verbrennen wird übrigens wörtlich genommen: Die Karte wird am Teelicht entzündet und dann in die Schale in der Mitte gelegt, wo sie verbrennt. So wird es für einen kurzen Moment heller. Bei elektrischen Teelichtern legt man die Karte einfach nur in die Mitte der Kerzen. Haben der Spieler und der SL gleichviele Sechsen gewürfelt, würde das Erzählrecht eigentlich an den SL gehen. Verbrennt man eine seiner Karten, erhält stattdessen der Spieler das Erzählrecht. Normale Eigenschaften werden stets nach einer Probe verbrannt.

Der Moment (die Hoffnungskarte) muss vor der Probe eingesetzt werden. Das Risiko hierbei ist natürlich hoch, denn bei einem Misserfolg kann man nichts neu würfeln und die Hoffnung ist verloren. Bei einem Erfolg erhält der Spieler jedoch dauerhaft einen Zusatzwürfel für alle seine Proben. Dieser sollte eine andere Farbe haben als die übrigen Würfel, da für ihn gilt, dass auch eine 5 bereits ein Erfolg ist.

Setzt man seinen Brink ein, wiederholt man die gesamte Probe, unabhängig von den Einsen und Sechsen, die zuvor gewürfelt wurden. Bein einem Misserfolg verliert man die Karte und den Hoffnungswürfel – und eine Kerze wird gelöscht! Bei einem Erfolg erhält man die Karte zurück und kann sie später erneut einsetzen.

Der Last Stand

Brennt nur noch eine Kerze, werden nur noch zwei Wahrheiten gesprochen und keine weitere mehr festgelegt: „These things are true: The world is dark and we are alive.“ In dieser letzten Szene greifen SIE mit allem an, was SIE haben. Lichter, die die Charaktere bei sich haben, erlöschen oder zeigen keine Wirkung mehr, es wird sehr dramatisch. Schafft ein Charakter seine Probe nicht, wird keine Kerze gelöscht, sondern der Charakter stirbt. Er darf selbst aussuchen und beschreiben, wie es geschieht. Sind schließlich alle Charaktere gestorben, wird auch die letzte Kerze gelöscht und der SL verkündet: "These things are true: The world is dark.“ Dann spielt er die Aufnahmen der Charaktere vom Anfang ab. Das Spiel ist vorbei. 

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